Künstler*in: MICHAL FUCHS
*1983 in Israel
lebt in Halle/Saale
Werktitel: "GRÜNEBERGS SIND VERRÜCKT", 2023
Standort:
Alte Synagoge, Lippstadt
Das Gartenhaus der ehemaligen Lippstädter Synagoge blieb während der „Kristallnacht“ 1938 unzerstört. Wie die alte Synagoge steht es unter Denkmalschutz. 2022 wurden auf ehemaligen Abort-Türen zahlreiche Sütterlin-Kritzeleien entdeckt, die aus der Zeit vor 1938 stammen. Unter anderem fand man die rätselhafte Formulierung „Grünebergs sind verrückt“, die sich auf die jüdische Lippstädter Familie Grüneberg bezieht. Das Gartenhaus kann heute besichtigt werden; weitere Wandritzungen und Scribbles wurden entdeckt, darunter eine Karikatur des ehemaligen Lehrers der jüdischen Schule, Isaak Rosenfeld. Bei Renovierungsarbeiten 2024 fand man unter dem Dach eine Genisa, einen Aufbewahrungsort für heilige jüdische Schriften, aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Die aus Israel stammende, in Halle/Saale lebende Künstlerin Michal Fuchs hat das winzige Skribble „Grünebergs sind verrückt“ zu einer Neonschrift vergrößert. Als an der für die Neonarbeit vorgesehenen Stelle an der Ostwand der ehemaligen Synagoge die Trockenbau-Konstruktion abgenommen wurde, wurde ein Teil des ehemaligen Thora-Schreins sichtbar, in dem sich die Schrift nun befindet. Die Vergrößerung, Belichtung und Akzentuierung der Sütterlin-Handschrift, die man heute zu einer der letzten Spuren jüdischen Lebens in Lippstadt zählen muss, erscheint durch die Platzierung in der Thora-Nische als Menetekel und wird um eine fast sakrale Dimension erweitert.